Pentathlon auf der Rennwiese:

Die griechische Olympiade in Klasse 5

Mitten auf dem Rasenplatz der Rennwiese, rund um das symbolhaft aufgestellte olympische Feuer,  warten Eltern, Geschwister, Verwandte und Freunde auf die jungen Athleten der fünften Klasse. Vom Volkspark her kommen sie: in weißen Gewändern, den Speer in der rechten Hand, einer nach dem anderen. Wenn man genau hinsieht, erkennt man die vier Gruppen: jede hat ihre eigene Gürtelfarbe und je ein Betreuer führt sie an, ein bunt bemaltes Schild voraustragend. Darauf werden die vier Städte angekündigt, die in den folgenden Stunden in fünf Disziplinen gegeneinander antreten: Athen, Korinth, Kreta und Delphi stehen im sportlichen Wettstreit.

Nach dem eindrucksvollen Einmarsch sprechen die jungen Athleten unter Anleitung ihrer Sportlehrerin Monika Heinlin zur Einstimmung die „Hymne an Zeus“, dann dürfen die zwei ältesten Schüler der Klasse je eine Fackel am olympischen Feuer entzünden. Mit dem gemeinsamen feierlichen Sprechen des olympischen Eids wird der Fünfkampf eröffnet.

Warum Pentathlon?

Weshalb eigentlich eine griechische Olympiade und nicht auch die Bundesjugendspiele wie an anderen Schulen mag mancher sich fragen. Das hängt mit dem Lehrplan der Waldorfschule zusammen, der in der 5. Klasse die „Griechische Epoche“ vorschreibt. Der Unterricht beschränkt sich dabei nicht auf die Geschichte, Philosophen und Sagen des alten Griechenland, sondern wird fächerübergreifend eben auch beim Sport, im Pentathlon, erlebt. „Um sich als Grieche fühlen zu können, wurde an einem Elternabend beschlossen, dass die Kinder auch griechische Gewänder tragen sollten. Eifrig nähten die Eltern die Kleider, die Kinder bemalten diese Gewänder im Unterricht mit griechischen Ornamenten. Auch die Speere wurden von ihnen selbst hergestellt“, beschreibt Monika Heinlin die intensive Vorbereitungsphase auf den griechischen Fünfkampf.

Die Disziplinen

Nach der Ehrenrunde, die von den Fackelträgern angeführt wird, beginnt an 4 Stationen der Wettkampf. Die ersten Läufer machen sich für den 75m-Sprint bereit, mit einer Klappe wird das Startsignal geschlagen, … los! Einige Eltern stehen bei der Ziellinie und feuern ihre Kinder begeistert an, die Stimmung ist ausgelassen.

Zur gleichen Zeit stellen sich die Speerwerfer einer nach dem anderen auf, zielen und werfen den Speer in einer kontrollierten Bewegung in die Ferne. Damit der Wurf gelingt, müssen die Schülerinnen und Schüler präzise agieren, dauernd an ihrer Technik feilen. Hier wird – wie im alten Griechenland übrigens auch – tatsächlich die Schönheit des Wurfs, die Anmut der Bewegung bewertet und der schönste Wurf am Ende ausgezeichnet.

Beim Weitsprung gilt es, sich vorher innerlich zu sammeln und konzentriert abzuspringen, um die beste Weite zu erzielen. Das Ungewöhnliche bei dieser Disziplin ist die Art, wie gemessen wird: um tatsächlich fair zu sein, hat jeder Schüler sein eigenes Maßband dabei (der farbige Gürtel, der nach Körperlänge des Kindes in Achtel eingeteilt und markiert ist). Somit ist das Ergebnis beim Weitsprung deutlich ausgewogener vergleichbar als beim einfachen Messen der Meter und Zentimeter.

Auch das Diskuswerfen begann zeitgleich: war eine Station abgehakt, ging es für die Athleten aus einer Stadt weiter zur nächsten Disziplin. Die Selbstkontrolle wird beim Diskuswerfen besonders geübt und wieder geübt. Monika Heinlin beschreibt es folgendermaßen: „Man handelt in einem viel stärkeren Maße aus sich heraus, muss sich selbst korrigieren und fragen, was man falsch gemacht hat oder wie man den Wurf noch verbessern könnte.“ Zum Glück haben die Schüler mehrere Versuche in allen Disziplinen, von denen der beste gewertet wird.

Jede Stadt nimmt zunächst unter sich am Ringkampf teil. Ein großer Kreis, der mit Sand auf dem Rasen markiert wurde, dienst als „Ring“. Ein eher ungewohntes Bild wenn man an Sportunterricht denkt. Jeweils zwei Athleten treten gegeneinander an: Wer den anderen zuerst aus dem Ring schiebt, gewinnt. Damit es auch hier fair zugeht, achten zwei „Kampfrichter“ darauf, dass die Regeln befolgt werden. Bei dieser Disziplin geht es noch ein wenig lauter zu: Rund umher erschallen Anfeuerungsrufe und ordentlich Beifall. Die besten Ringer der vier Städte treten anschließend erneut in den Wettstreit, um den besten Ringer aller Städte zu ermitteln.

Nachdem die fünf Disziplinen von allen Athleten bestritten wurden, geht es zum gemeinsamen Staffellauf mitten auf der Rennwiese, wo dann die siegreiche Stadt ermittelt wird.

Ohne die Eltern geht es nicht

Engagierte Eltern, die während der gesamten Sport-Veranstaltung die Zeiten, Weiten und Längen messen, bleiben bei einer Station, genau wie die „Schreiber“, die die Ergebnisse der Schüler notieren. Die „Städteführer“ hingegen begleiten während der Wettkämpfe ihre Athleten von Station zu Station, feuern sie an und nehmen die Werte in ihre Städte-Mappe auf. Andere Eltern haben im Voraus das anschließende Fest im Schulhof der Freien Georgenschule schon vorbereitet, haben gebacken, Salate zubereitet und Getränke organisiert.

Nachdem alle wieder gestärkt sind, beginnt für die jungen Olympioniken die Siegerehrung. Der Jubel ist groß bei den Kretern – ihre Gruppe hat den Sieg eingeholt. Zum Schluss gibt es noch einen „griechischen Tanz“, den die 5.-Klässler zunächst vorführen und dann mit den Eltern, Geschwistern und Großeltern gemeinsam wiederholen. Ein feierlicher Abschluss für einen rundum gelungenen, sportlich-fairen Tag.

Text: Julia Bantlin
Bilder: Julia Bantlin, Stefan Beyer

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