Was bedeutet Waldorfpädagogik für uns?

Das Konzept der Waldorfpädagogik ist vielschichtig und umfassend. Um einen Einblick in das zu geben, was die Waldorfpädagogik für die Schüler, Lehrer und Eltern unserer Schule tagtäglich bedeutet, lassen wir sie selbst zu Wort kommen*:

 

*Beim Anklicken eines Zitats erscheint der vollständige Text.

 

„Was Kinder brauchen, um später einmal tüchtig schaffende Menschen zu werden“ Klassenlehrerin der 5. Klasse
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Wenn meine Schüler mich zur Waldorfpädagogik befragen, erzähle ich ihnen, dass es einen Menschen gab – Rudolf Steiner – der eine Schule im Sinn hatte, auf die Kinder ohne Angst gehen dürfen und in der sie frei lernen können. (Denn zu dieser Zeit gab es Schulen mit Lehrkräften, die sehr streng waren.) Dieser Herr Steiner hatte einen besonderen Blick für Kinder und spürte, was sie brauchen, um später einmal tüchtig schaffende Menschen zu werden. Was könnte das sein, so würde ich dann die Klasse fragen. Die Antwort findet sich bald: - Lebenskraft - Gesundheit - Freude am Tun. Daraus erwächst die Kraft, sich um seinen Nächsten zu kümmern, der einen vielleicht braucht. Dies ist schwer zu üben, deshalb üben wir das hier in der Klasse gemeinsam: Ich mit Euch! Dazu soll die Klugheit sich gesellen, die mit euch und eurem Tun heranwächst, die aus einem klaren Auge und viel Herzenswärme entsteht. Und Rechnen, Schreiben, Lesen und all das andere lernen wir natürlich auch. Das bedeutet für mich "Waldorf".

„Dieses Selbstwertgefühl schenkt einem keine Note in einer Klassenarbeit“ Rosa, Mutter aus Klasse 5 und 8
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Alle Waldorfschullehrer, die ich bisher erlebt habe, sind hochmotiviert, kreativ, sehr intelligent und mit ganzem Herzen LehrerInnen. Sie entscheiden sich sehr bewusst für ihren Beruf und die Waldorfpädagogik. Die Wertschätzung, mit denen sie ihren Schülern und den Eltern begegnen, ist etwas Besonderes. Wir als Eltern haben den direkten Vergleich machen dürfen, da unsere Kinder zuvor staatliche Schulen besucht haben und schnell deutlich wurde, dass diese Werte an der Walddorfschule große Bedeutung haben. Diese neuen Erfahrungen sind für uns ein Segen. Das zeigt sich vor allem im großen Zusammenhalt innerhalb der Waldorfschulgemeinschaft und darin, dass die Eltern sich aktiv an der Schullaufbahn ihrer Kinder beteiligen. Es gibt viele Feste, Konzerte und Theaterstücke im Jahreslauf, bei denen die ganze Schule mit viel Engagement mitmacht.
Als Mutter habe ich vorher nie erlebt, dass Kinder in ihrer ganzen Person so intensiv von ihren LehrerInnen wahrgenommen werden. Ich persönlich denke, dass sie dadurch besser und nicht der Noten wegen lernen. Außerdem wird ihr Lernen immer in allen Bereichen (Denken, Fühlen und Wollen – entgegen staatlicher Schulen, die vor allem auf den Kopf achten) gefördert, der kognitive Stress ist dadurch sehr reduziert. Unsere Erfahrung zeigt mir, dass dies ein guter Weg ist, um motiviert und voller Begeisterung die ganze Schulzeit zu durchleben, um dann gestärkt den Abschluss zu absolvieren. Die Erfolgserlebnisse machen die Kinder so glücklich und stolz und ich glaube dieses Selbstwertgefühl, etwas alleine mit eigenen Händen und Willen geschafft zu haben, schenkt einem Kind keine Note in einer Klassenarbeit.

„Wir WaldorflehrerInnen richten uns ganz nach dem Entwicklungsstand der SchülerInnen“ Klassenlehrer der 4. Klasse
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Das eigentlich wesentliche an der Waldorfpädagogik ist, dass zu unserem Lehrplan das Ablesen und Einschätzen der SchülerInnen gehört. Was brauchen sie jetzt gerade? Wo stehen sie in ihrer Entwicklung? Und danach richten wir uns. Somit gibt es im Idealfall keine Vorgabe „von außen“ und keine „Deadline“, die den Entwicklungshelfer (das sollte ein Lehrer im Sinne Rudolf Steiners sein) störend oder sogar hemmend in seiner Arbeit beeinflussen. Der Lehrende braucht alle Freiheit und das bedingungslose Vertrauen der Eltern, damit er/sie die SchülerInnen zur Freiheit erziehen kann.

„Die Freiheit, Kind bleiben zu dürfen“ Joachim, Vater aus Krippe, Kindergarten und Klasse 1
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Die Waldorfpädagogik bedeutet für unsere Familie Freiheit. Die Freiheit zunächst Kind bleiben zu dürfen, statt  Leistungserbringer; seine Sinne, Instinkte und Gefühle zu stärken. Werkzeuge zu bekommen, um nicht nur Wissen zu erzeugen, sondern auch die Eigenschaften und das individuelle Wesen des Kindes in geeigneter Weise zu begleiten.

„Mein Kind kommt nach der Schule glücklich nach Hause.“ Katrin, Mutter aus Klasse 4
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Lernen sollte mit Freude und Begeisterung einhergehen und dies ist an dieser Schule geboten. Dass die Waldorfschule für uns die richtige Entscheidung war, sehe ich vor allem daran, dass mein Kind nach der Schule zufrieden und glücklich nach Hause kommt.
Das Angebot der Unterrichtsfächer ist vielfältig und in einem guten Verhältnis zwischen intellektueller und musischer Förderung. Auf die Bedürfnisse und Talente jedes einzelnen Schülers wird sehr stark eingegangen, obwohl die Klassen relativ groß sind. Die Kinder können ohne Druck und ständige Vergleiche durch Noten lernen. Der Fokus liegt mehr auf anderen Dingen, so, dass sich jedes Kind frei entfalten und seine Talente entdecken kann. Wer würde nicht gerne in einer solchen Umgebung lernen?
Die Schule ist für uns aber auch zu einem Begegnungsort geworden. Nicht nur die Kinder haben hier ihren Platz, sondern auch für die Eltern in der Schulgemeinschaft gibt es zahlreiche Möglichkeiten am Schulleben teilhaben zu können.

„Hier wird Kommunikation zwischen Lehrer und Schüler auf Augenhöhe möglich“ Fachlehrer Geschichte
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Mich faszinieren an der Waldorfpädagogik die große Freiheit in der Unterrichtsgestaltung und die Ästhetik der Lern- und Begegnungsräume. Erst eine freie und den Wert der Schönheit achtende Atmosphäre ermöglicht eine Kommunikation zwischen Lehrer und Schüler auf Augenhöhe. Das sehe ich hier in der Tat gegeben.

„Während es als Epoche unterrichtet wird, ist jedes Fach ein Hauptfach“ Fachlehrer Physik
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Im Epochenunterricht haben die SchülerInnen die Gelegenheit, sich sehr intensiv mit einer Thematik zu verbinden, nicht nur intellektuell, sondern auch emotional. Während es als Epoche unterrichtet wird, ist jedes Fach ein Hauptfach. Das finde ich an der Waldorfpädagogik wie sie sich im Schulalltag auswirkt wirklich großartig.

„Mit einem beträchtlichen Rucksack an Fähigkeiten und Erfahrungen ins Leben gehen“ Claudia, Mutter aus Klasse 13, 10 und 8
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Mich fasziniert nach wie vor die Person Rudolf Steiners, seine feine Beobachtung der kindlichen Entwicklung und die Abstimmung des Lehrplans auf diese Entwicklungsschritte. So kommt es, dass alle Bereiche des Unterrichtens auf den jeweiligen Entwicklungsstand abgestimmt sind und Waldorfschüler in ihrer Ganzheit mit Kopf, Herz und Hand lernen dürfen.
Über den Kindergarten kamen wir als Familie zur Waldorfpädagogik, wo wir auf Elternabenden unsere Eindrücke vertiefen durften. Wir waren beide selbst keine Waldorfschüler. Mit der Zeit war für uns klar, dass wir unseren Kindern mit der Waldorfschule die Möglichkeit geben wollen, als ganzer Mensch zu wachsen, sich zu bilden (auch in handwerklich und künstlerischen Tätigkeiten) und am Ende der Schullaufbahn mit einem beträchtlichen Rucksack an Fähigkeiten und Erfahrungen ins Leben hinaus zu gehen.

 

Mehr erfahren zur Waldorfpädagogik

An der Freien Georgenschule:
Der Anthroposophische Arbeitskreis trifft sich wöchentlich in der Schule, um sich mit den zugrundeliegenden Texten Rudolf Steiners auseinanderzusetzen. Siehe Termine.

Der Zweig Reutlingen der Anthroposophischen Gesellschaft trifft sich jeden Mittwoch von 19:30 - 21:00 Uhr im Handlungsraum/Eurythmieraum im Mittelbau der Freien Georgenschule. Texte Rudolf Steiners werden gemeinsam gelesen und im Gespräch vertiefend besprochen. Hinweis: Hier steht ganz allgemein die Anthroposophie im Vordergrund, nicht per se die Waldorfpädagogik. Ansprechpartner: Peter Joachim Knörrich, pjknoerrich@arcor.de

Beim Bund der Freien Waldorfschulen:
Was ist Waldorfpädagogik? - Bund der Freien Waldorfschulen
Was will Waldorfpädagogik? - Bund der Freien Waldorfschulen

Gedanken zur Waldorfpädagogik

von Martin Petzold,

ehemaliger Klassenlehrer der Freien Georgenschule

„Waldorfpädagogik“ als Begriff ist nur eine leere Worthülse, eine hohle Phrase. Wohl können Bücher darüber gelesen, Zeitschriftenartikel studiert werden, doch alles zu Lesende vermag in keiner Weise auszudrücken, was Waldorfpädagogik wirklich ist.
Waldorfschule, Waldorfpädagogik ist stets ein konkret reales Geschehen, ein Werk, das lebt, wirkt und gestaltet, das selten ein festzuschreibender Zustand, sondern immer nur Werden ist, Wandel und Lebendigkeit sind seine Merkmale, nicht beschreibbarer Stillstand und festgezurrte Grundsätze. Waldorfpädagogik ist etwas zutiefst Künstlerisches – eine Kunst, die ihr Richtzeug aus der von Rudolf Steiner geschöpften Anthroposophie bezieht, ohne die Anthroposophie selbst plakativ der Pädagogik sichtbar nach außen anzuheften.

 

Waldorfpädagogik als soziale Kunst

Menschen treffen aufeinander, Biographien verweben sich auf lange Zeit, man lernt sich gut kennen, man schafft zusammen, stützt einander, ringt miteinander und bildet eine Lerngemeinschaft, die Selbsterziehung, Offenheit, Verstehensbereitschaft und innere wie äußerliche Aktivität fordert. Die ErzieherInnen und Lehrkräfte samt VerwaltungsmitarbeiterInnen bilden zusammen mit den SchülerInnen und Eltern eine Schicksalsgemeinschaft auf Zeit, die von der Kleinkindkrippe bis zum Ende der Schulzeit lange kurzweilige 15 Jahre währen kann. Für die Zukunft der Schüler eine reiche, prägende und wichtige Entwicklungszeit, die eines äußerst ausdifferenzierten, darum auch fragilen, aber umso mehr lebendig sich wandelnden Kunstwerks bedarf, das vorgefasste Prinzipien und verfestigte Sichtweisen nicht als gedeihlich empfinden kann. Wo das Miteinander sich in ein Gegeneinander wandelt, kann dieses soziale Kunstwerk Waldorfpädagogik sich nicht bilden.

 

Waldorfpädagogik als Erziehungskunst

ErzieherInnen und LehrerInnen sind einbezogen in die sich entwickelnde Laufbahn der Kinder, die auf die Waldorfschule zukommen. Im Bewusstsein der ErzieherInnen und LehrerInnen ist dieses Aufgenommmenwerden in den Schicksalsstrom der Kinder eine ehrfurchtsvoll anzunehmende Aufgabe: die Kinder in all ihrer Befindlichkeit, ihrer Vorgeschichte UND ihren Zukunftsmöglichkeiten gut kennen zu lernen. Deswegen ist angestrebt, einen möglichst moderaten Wechsel der erziehenden Persönlichkeiten anzustreben. Dazu braucht es manchmal Geduld und Beharrlichkeit, weswegen der einheitliche Bildungsgang der Waldorfschule von der Kita bzw. ersten Klasse bis zur Abschlussklasse ein wahrer Segen ist! Um die nötige Phantasie für das Unterrichten und Erziehen zu haben, um Verständnisgrundlagen menschenkundlicher Art zu gewinnen, ist die Anthroposophie eine unverzichtbare Hilfe für WaldorfpädagogInnen; Unterrichtsgegenstand wird die Anthroposophie zu keiner Zeit.

 

Waldorfpädagogik als lebendiges Wesen

Wer in die Gemeinschaft der Waldorfschule offen und vorbehaltlos eintaucht, der wird von diesem Wesen Waldorfpädagogik umarmt, getragen und warm gehalten. Wer noch unsicher und zweifelvoll den Wirkenskreis der Waldorfschule betritt, dem gegenüber verhält es sich abwartend, vorsichtig und sensibel, langsam auf den Menschen zugehend und ihn für das neu zu gestaltende Kunstwerk „Waldorfpädagogik“ zu gewinnen suchend.
Das lebendige Wesen „Waldorfschule“ ist stets so alt wie die es ausmachenden Kindeswesen: Es springt und singt, es schreit und schafft, es träumt und schaut mit ganzer Seele wie die jüngeren Kinder; es lernt begierig, es schauspielert, abenteuert, streitet, lärmt und ist verschworen wie die älteren Kinder; es denkt, ist lustlos und engagiert zugleich, es ist  treu und aufrichtig, diskutierfreudig und wissbegierig, faul und überaktiv in gleichem Maße wie die Jugendlichen.
Das Wesen „Waldorfschule“ feiert gerne mit der ganzen Schulfamilie, es klärt und merkt auf, es lacht freudig über all die auf es zu Kommenden und weint über die Weggehenden. Es bleibt immerwährend jung und vital!


Was ist Waldorfpädagogik? Ein stets aufs Neue zu errichtendes Werk von allen daran Beteiligten, kein vorhandenes Wohlfühlarrangement, sondern ein Werk, errichtet aus Liebe, Engagement, gutem Willen und Verstehen des anderen Wollen, es ist ein freies Werk für eine Freie Schule!